INHALTSVERZEICHNIS
Ein Sofa-Ratgeber über die Stoffe aus denen die Stoffe sind
Die Stoffarten, bzw. deren Materialien, bestimmen in hohem Maße die Qualität, die Nutzungseigenschaften und die Optik der Bezugsstoffe. Etwas Materialkenntnis hilft dir bei der Auswahl deines neuen Sofabezugs.
Die Rohmaterialien: von Baumwolle bis Polyurethan
Polsterbezugstoffe werden sowohl aus Naturfasern als auch Kunstfasern (= Chemiefasern) hergestellt. Naturfasern stammen von Pflanzen oder Tieren. Kunstfasern bestehen aus Polymeren, die entweder aus Naturfasern gewonnen oder synthetisch hergestellt werden.
Einteilung der textilen Faserstoffe
Naturfasern | Kunstfasern | ||
Pflanzliche Fasern | Tierische Fasern | Natürliche Polymere | Synthetische Polymere |
Baumwolle | Wolle | Viskose | Polyacryl |
Flachs/Leinen | Seide | Modal | Polyamid |
Ramie | Acetat | Polyester | |
Polyurethan |
Naturfasern: Gewachsene Qualität mit langer Tradition
Baumwolle: das „weiße Gold“
Baumwolle wird aus den Samenhaaren der Baumwoll-Staude hergestellt. Sie ist eine sehr alte Kulturpflanze, die ursprünglich in Amerika, Asien und Afrika beheimatet war. Sie wächst besonders gut im tropischen und subtropischen Klima und wird heute rund um den Äquator angebaut, weshalb man diesen Landstrich auch „Baumwollgürtel“ nennt.
In der Herstellung von Heimtextilien und Bekleidung spielte und spielt Baumwolle eine große Rolle. Weltweit werden heute ca. 30% aller Textilfasern aus Baumwolle hergestellt. Dabei waren Baumwollstoffe wegen der aufwendigen und langwierigen Verarbeitung der relativ kurzen Samenhaare bis ca. 1600 ein absolutes Luxusgut, an Rarität und Prestige nur der legendären chinesischen Seide vergleichbar. Im antiken Babylon wurde die Faser daher „weißes Gold“ genannt. Erst die maschinellen Spinn- und Webtechniken der Neuzeit machten Baumwolle allgemein erschwinglich.
Im Möbelbereich werden Baumwollstoffe heute wegen ihrer hautsympathischen Eigenschaften geschätzt. Außerdem lassen sie sich gut färben, sind sehr dicht und glatt und daher besonders zum Bedrucken mit jeder Art von Dessin geeignet.
Flachs/Leinen: Viele Pflanzen bringen wenig Ertrag
Leinen wird aus den Stängeln der Flachspflanze gewonnen. Die Flachspflanze, auch Lein genannt, wächst außer in den Tropen nahezu überall auf der Erde. Von alters her wurde Flachs zur Fasergewinnung und Ölherstellung (Leinöl) genutzt. Zur Faserherstellung werden aus dem Stängel in einem recht arbeitsintensiven Verfahren die 50-90 cm langen Baststränge herausgelöst. Ein Arbeitsprozess, in dem die wenigen brauchbaren von den vielen unbrauchbaren Fasern getrennt werden, ist das sogenannte Durchhecheln, von dem unsere heutige Redewendung „jemanden durchhecheln“ stammt: Wie von der Person, so bleibt auch von Flachs am Ende des Durchhechelns nicht viel übrig.
Bis Ende des 18. Jahrhunderts waren immerhin 18% der verarbeiteten Fasern aus Flachs. Heute spielt Leinen mengenmäßig nur noch eine geringe Rolle, wird aber nicht zuletzt wegen seiner ökologisch verträglichen Herstellbarkeit vielerorts neu entdeckt. Außerdem zeichnet sich Leinen durch seine hautsympathischen Eigenschaften und eine sehr hohe Reißfestigkeit aus. Kenner schätzen zudem den besonders natürlichen Look von Leinen. Ein Nachteil von Leinen ist jedoch die eingeschränkte Färbbarkeit. Zur Verbesserung der Nutzungseigenschaften und aus Preisgründen wird Leinen heute oft gemeinsam mit anderen Fasern zu Mischgeweben verarbeitet.
Ramie: Gut zum Beimischen
Die Ramie (= Chinagras) stammt aus den ostasiatischen Tropen und wird traditionell in Asien, heute auch in Südamerika und vereinzelt in Europa als Faserpflanze angebaut. Ähnlich wie bei Leinen wird die Faser aus dem Bastteil des Stängels gewonnen. Die daraus hergestellten Stoffe ähneln ebenfalls dem Leinen. Allerdings ist Ramie nicht so widerstandsfähig. Ramiefaser wird meist als Beimischung zu anderen Textilfasern verwendet. In Baumwollmischgeweben erhöht sie den Glanz und die Stärke des Stoffes. In der Kombination mit Wolle wirkt Ramie dem für die Wollfaser typischen Schrumpfen entgegen.
Wolle: Lange Zeit die Nummer 1
Wolle wird aus dem Pelz von Schafen hergestellt. Das Schaf gehört zu den ältesten Haustieren des Menschen. Zunächst wurden sie als Fleischlieferant, seit etwa 3000 v. Chr. auch wegen ihrer Wolle gehalten.
In der Faserproduktion nahm Wolle früher eine führende Stellung ein. Denn in der vormaschinellen Zeit hatte Wolle gegenüber anderen Materialien einen entscheidenden Vorteil: Um ein Pfund Baumwollfäden herzustellen, brauchte man 13 Arbeitstage. Für eine vergleichbare Menge an Seide waren sechs Arbeitstage erforderlich, für Leinen – je nach Feinheitsgrad – zwei bis fünf Tage. Ein Pfund Wollfäden hingegen konnte man in ein bis zwei Tagen gewinnen. So verwundert es nicht, dass bis Ende des 18. Jahrhunderts knapp 80% aller Textilfasern aus Wolle hergestellt wurden.
Später wurde die Schafwolle von der Baumwolle und in der Folge von Kunstfasern von ihrem Spitzenplatz verdrängt. Wolle verfügt über hervorragende Thermoregulationseigenschaften, d.h. sie kann verhältnismäßig viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen, und wird sehr schnell wieder trocken. Außerdem nimmt sie kaum Gerüche an, ist sehr elastisch und knittert nicht. Wegen dieser Eigenschaften wird sie im Möbelbereich als Stoffmaterial geschätzt.
Seide: das wertvolle Geheimnis der Chinesen
Seide wird aus dem Kokon der Seidenspinnerraupe gewonnen. Sie stammt ursprünglich aus China, wo auch heute noch das Produktionszentrum liegt. Dort geht die Tradition der Seidenherstellung angeblich bis ins 3. Jahrtausend v.Chr. zurück. Das Geheimnis der Seidengewinnung und Verarbeitung wurde von den Chinesen über Jahrtausende streng gehütet, im 1. Jahrhundert n. Chr. gelangte es dann aber auch nach Europa. Schon vorher wurde aber chinesische Seide importiert und war eines der begehrtesten Luxusgüter.
Seide ist nicht nur die dünnste und längste, sondern auch die elastischste aller Naturfasern. Mehrere Lagen Seide übereinander gelegt sind sehr schwer zu durchdringen. Deshalb wurde Seidenkleidung von den Mongolen als Rüstung getragen. Da Seide aber empfindlich auf Feuchtigkeit reagiert und nicht farbecht ist, wird sie für Möbelbezüge heute meist nur noch im repräsentativen Bereich oder für die stilechte Restaurierung von Antiquitäten eingesetzt.
Kunstfasern: Maßgeschneiderte High-Tech-Qualität
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Kunstfasern entwickelt. Chemische Entdeckungen und neue Maschinentechnologien machten es möglich, aus Pflanzenmaterialien (= Zellulose) oder Erdöl zähflüssige Substanzen herzustellen, die unter hohem Druck durch Düsen gepresst und so zu langen Endlosfäden, den sogenannten Filamenten geformt werden.
Nach dem Aushärten können diese Fäden entweder direkt weiterverarbeitet oder zu kurzen Fasern zerschnitten und zu Garnen versponnen werden. Um die Spinnmasse herzustellen, werden verschiedene chemische Prozesse kontrolliert ausgelöst und wieder beendet. So kann der Chemiker Molekülstrukturen in ganz bestimmter Länge und mit ganz bestimmten Eigenschaften quasi im Reagenzglas wachsen lassen. Auf diese Weise entsteht eine Faser nach Maß, die für den jeweiligen Verwendungszweck optimiert werden kann. Kunstfasern sind in nahezu beliebiger Stärke, mit allen denkbaren Querschnitten, noppig oder gleichmäßig, kraus oder glatt, matt oder glänzend verfügbar.
Weiterführende Informationen:
Industrievereinigung Chemiefaser e.V. (IVC)
Natürliche Polymere: Kunstfasern aus Pflanzen
Viskose: Die neue Baumwolle
Viskose (= Rayon) wird seit 1910 hergestellt. Sie ist zwar eine Kunstfaser, aber keine Synthetikfaser. Denn sie wird aus Zellulose, also aus natürlichen Pflanzenteilen von Fichten, Eukalyptus, Pinien, Buchen etc. hergestellt. Die Zellulose wird zunächst in einer Lauge aufgelöst. So entsteht eine zähflüssige Masse, die als hauchfeiner Faden in ein Säurebad (=Nass-Spinnverfahren) gepresst wird. Die Säure neutralisiert die Lauge und flüssige Zellulose verfestigt sich zu einem Faden. Aus diesem Faden können dann Garne und Stoffe hergestellt werden.
Viskose ähnelt in ihren Gebrauchseigenschaften der Baumwolle: Sie ist atmungsaktiv und wird wegen ihrer Glattheit und dem besonders niedrigen Allergiepotenzial von der Mehrzahl der Menschen auf der Haut als sehr angenehm empfunden. Außerdem lässt sie sich gut färben und hat eine hohe Abriebfestigkeit. Wegen ihres natürlichen Glanzes wurde sie früher als „Kunstseide“ bezeichnet. Für Möbelstoffe spielt Viskose heute eine sehr wichtige Rolle, vor allem als Bestandteil von Mischgeweben.
Modal: Die bessere Viskose
Modal ähnelt der Viskose und wird wie diese aus reiner Zellulose hergestellt. Allerdings kommen für Modal nur Teile von der Buche zum Einsatz. Dadurch, sowie durch einen etwas abweichenden Herstellungsprozess, weist Modal gegenüber der Viskose verbesserte Eigenschaften auf: es ist weicher und zugleich stabiler, hat insbesondere eine höhere Reiß- und Scheuerfestigkeit. Im ungefärbten Zustand ist Modal sogar kochfest.
Acetat: verwandelte Natur
Auch Acetat wird ebenfalls aus Zellulose hergesellt. In Unterschied zu Viskose oder Modal wird für Acetat die Viskose aber durch die Zugabe von Essigsäure einer dauerhaften chemischen Umwandlung unterzogen. Die zähflüssige Spinnmasse wird außerdem im Trockenspinnverfahren ausgehärtet: ein Luftstrom sorgt dafür, dass die Lösungsmittel sich verflüchtigen. Durch die hohe Elastizität ist der Stoff sehr formbeständig, reagiert allerdings empfindlich auf Hitze.
Synthetische Polymere: Stoffarten aus Öl
Synthetische Polymere werden aus Erdöl hergestellt. Dafür wird etwa ein Prozent des weltweit geförderten Erdöls verwendet. Alle Kunstfasern aus synthetischen Polymeren sind mottensicher und fäulnisbeständig. Insgesamt sind sie sehr haltbar, robust und pflegeleicht, nehmen aber wenig Feuchtigkeit auf und werden daher oft als weniger hautsymphatisch empfunden als Naturfasern.
Polyamid: der Klassiker unter den Chemiefasern
In den 30er Jahre unseres Jahrhunderts wurde als erste synthetische Kunstfaser das Polyamid erfunden, das zuerst unter den Handelsnamen Nylon und Perlon auf den Markt kam. Noch heute spielt Polyamid im Kunstfasermarkt eine erhebliche Rolle. Es ist sehr elastisch und knittert wenig. Durch Hitze lässt es sich dauerhaft verformen, was bei der sogenannten Thermofixierung benutzt werden kann, um dem Garn eine bestimmte Struktur zu geben. Außerdem ist Polyamid sehr leicht, sogar leichter als Seide, und ausgesprochen scheuerbeständig.
Polyester: Der Marktführer
Polyester wird seit 1947 hergestellt und ist die weltweit am meisten produzierte synthetische Kunstfaser. Es wird gerne mit Naturfasern wie Baumwolle und Wolle gemischt. Die Kombination aus 55% Polyester und 45% Wolle ist so marktgängig, dass man sie bereits als „klassische Mischung“ bezeichnet. Polyester ist besonders lichtbeständig.
Polyacryl: zum Woll-Fühlen
Die Polyacryl-Faser wurde 1942 in Deutschland entwickelt. Sie hat einen wollähnliche Griff und eine hohe Bauschfähigkeit. In der Verarbeitung als Mischgewebe mit Wolle wirkt Polyacryl dem Verfilzen der Wolle entgegen. Im Möbelbereich kommt Polyacryl häufig für samtartige Gewebe mit Flor zum Einsatz, da es sich flauschig anfühlt und zugleich sehr standfest ist.
Das Beste aus beiden Welten: Mischgewebe
Bezugstoffe, die aus einem einzigen Material gefertigt wurden, sind heute eher die Ausnahme. Das hat einen guten Grund: Kunstfasern sind in Sachen Strapazierfähigkeit, Schmutzresistenz und Pflegeleichtigkeit den Naturfasern in aller Regel überlegen. Andererseits nehmen sie wenig Wasser auf und sind daher nicht so hautsympathisch wie Naturmaterialien. Schon von daher bietet sich eine Mischung an. Bestimmte „Nachteile“ von Naturfasern, zum Beispiel das Verfilzen von Wolle oder die Knitteranfälligkeit von Baumwolle und Leinen, können durch die Beimischung von Kunstfasern ausgeglichen werden. Andererseits wirken Naturfasern zum Beispiel der für Kunstfasern typischen elektrostatischen Aufladung entgegen.
Die unterschiedlichen Eigenschaften der Fasern werden auch für besondere optische Effekte miteinander kombiniert. Sogenannte Melange-Garne etwa bestehen aus Fasern mit unterschiedlicher Färbbarkeit. Taucht man sie in ein Farbbad, nehmen die verschiedenen Materialien den Farbton unterschiedlich stark an und zeigen deshalb den charakteristischen Ton-in-Ton-Effekt.